Tom
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Hallo Spezialisten und Werkstoffkundler, hier eine kleine Denkaufgabe: In einem 100 mm Pertinaxrohr (aussen 103 mm) werden 3 Bohrungen mit 3 mm Durchmesser, in einem Radius von 120 ° gebohrt. Der Abstand zwischen Rohrkante und Bohrung beträgt 5 mm. Darin wird ein Kunststoffring (Materialstärke 1,5 mm) als Kuppler mit 3x M3 verschraubt. Dass Rohr wird mit Sand gefüllt und wiegt 5 kg. Der Kuppler ist mit einem Seil von 2,50 m Länge verbunden und wird in 3 m Höhe festgebunden, sodass eine freie Fallhöhe von 2,50m und eine gewisse Seildehnung möglich ist. Also ein Halteruck entstehen kann. Das Rohr wird nun im freien Fall runtergekickt und wir wollten sehen, ob die 5 mm Material ausreissen oder ob das Pertinax dem Stand hält. Wir haben hier verschiedene experimentelle Tests damit durchgeführt. Bevor wir das Ergebnis, ob die 5 mm halten, verraten, möchten wir gerne eure Überlegungen dazu wissen. Also: Halten die 5 mm Material oder reißt das Pertinax aus ? Gruß Tom
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Neil
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Hi, das kann man berechnen. Es fehlen nur noch ein paar Angaben. - E-Modul des Seils - Bruchfestigkeit von Pertinax ... Gruß Neil
Geändert von Neil am 02. Februar 2008 um 18:17
Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu.
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Tom
Grand Master of Rocketry
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Zitat: Original geschrieben von Neil
Hi,
das kann man berechnen. Es fehlen nur noch ein paar Angaben. - E-Modul des Seils - Bruchfestigkeit von Pertinax ...
Gruß
Neil
Hi Neil, keine Ahnung, weder das eine noch das andere ist uns bekannt. Deswegen haben wir das ja auch ausprobiert (zudem habe ich keine Ahnung wie man sowas rechnet ) Gruß Tom
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FabianH
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Ich würde sagen es ist je nach Seil an der Grenze. Zuzdem kommt noch die volle Verteilung auf die drei Löcher hinzu. Wenn ein Loch etwas mehr Kraft aufnehmen muss, würde ich sagen ist Ende. Ich tippe aber generell immer auf weniger Haltbarkeit, und baue dann etwas stabiler, da es mir gezeigt hat, es hilft.
Mfg Fabian
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Reinhard
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Hi,
das hängt von ein paar unbekannten Faktoren ab. Z.B. was war es für ein Seil? Der Unterschied zwischen geflochtenem Nylon oder Stahl kann da den Ausschlag geben. Das ließe sich noch mathematisch relativ leicht in den Griff bekommen, aber andere Punkte sind da schon problematischer. Wie war das Pertinax während des Falles orientiert. Wenn es um 90° gedreht war ist der Schock geringer als wenn es schon genau senkrecht war. Die Verschraubung ist auch nicht so einfach wie es auf den ersten Blick wirkt. Auf jeden Fall gibt es hier einmal die Lochleibung. Der traue ich in dem Szenario nicht allzuviel Belastbarkeit zu. Wird die Schraube angezogen werden Rohr und Kuppler miteinander verpresst. Die Reibung kann zusätzlich Kraft übertragen und sie verteilt sie über eine größere Fläche was Risse unwahrscheinlicher macht. Bei meinen Bastelleien habe ich den Eindruck gewonnen dass sich deshalb auf diese Art überraschend stabile Verbindungen herstellen lassen.
Jetzt zur Raterei: Ich vermute jetzt einmal dass der Kuppler gut in das Rohr eingepasst war, die Schrauben gut angezogen waren und auch sonst keine Grausamkeiten veranstaltet wurden (z.B. Stahlseile). Ich schätze mal, dass das die Verbindung überleben kann, allerdings würde ich es nicht so machen wenn ich wenn ich von solchen Belastungen "im Einsatz" ausginge.
Gruß Reinhard
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Dino
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Wenn das Seil sich z.B. 4cm dehnt wirkt an jedem Loch über 1000N (bei gleichmäßiger Verteilung der Last) , - das wird nicht halten unter dynamischer Belastung, fürchte ich. Bei einer Dehnung von 30cm sind wir bei ca. 270N/Loch,- das könnte u.U. halten. Je nach Abstand zwischen den Befestigungsbohrungen vom Knoten, wo die drei Leinen zusammen laufen, kommt auch noch eine mehr oder weniger große Kraft quer zur Wand es Pertinaxrohres hinzu, die ich für bedenklich halte. Also, hat es gehalten?? Gruß Dino
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Oliver Arend
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Nun ja, es fehlen eindeutig genaue Angaben über das Seil. Ich habe mal die Rechnung in folgenden Schritten durchgeführt: 1. Kinetische Energie des Fallkörpers (61,3 J) 2. Dehnung des Seils um diese Energie aufzunehmen (hier sind die Variablen E-Modul und Querschnitt des Seils; bei E=3 GPa und A=25 mm^2 erhalte ich DeltaL = 64 mm) 3. Maximale Seilkraft (1918 N bei einer Spannung von 77 MPa. Der Querschnitt muss deswegen so groß werden, damit das Seil nicht reißt, da ich bspw. für Nylon eine Zugfestigkeit von 82 MPa gefunden habe) 4. Lochleibungsspannung (142 MPa, das liegt im Bereich der besten Pertinax-Zug/Druckfestigkeiten) 5. Scherspannung (42,6 MPa, das liegt unter der Hälfte der Zugfestigkeit, habe keine expliziten Scherfestigkeiten für Pertinax gefunden, aber das Zeug sollte wohl halbwegs isotrop in Längen- und Umfangsrichtung sein) Je größer man den Querschnitt des Seils annimmt, desto niedriger die Spannung im Seil, jedoch desto höher die maximale Seilkraft. Es könnte also das Seil reißen (dünnes Seil) oder das Pertinax versagen (dickes Seil), oder auch der ganze Aufbau gerade so halten (mittleres Seil). Man kann also ohne genaue Angaben über das elastische Verhalten des Seils sowie die mechanischen Eigenschaften des Pertinax keine endgültige Aussage treffen. Falls es gehalten hat, ist der Sicherheitsfaktor in jedem Fall extrem klein. Oliver
Geändert von Oliver Arend am 02. Februar 2008 um 19:34
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Tom
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Zitat: Original geschrieben von Dino
Also, hat es gehalten??
Gruß Dino
Hallo zusammen, wir lösen es auf: Es hat gehalten, ohne Probleme und ohne jegliche Spuren. Der Kuppler ist passgenau im Rohr, die Schrauben wurden mehr oder weniger im rechten Winkel eingeschraubt. Das Seil zeigte eine Dehnung im Bereich von 5 cm und ist aus geflochtenem Nylon (6mm). Wir haben das Ganze dann noch mit etwas mehr "Schmackes" beschleunigt. Das heisst wir haben aus 2 Meter Höhe das nicht nur fallen lassen, sondern mit aller Kraft nach untern beschleunigt. Auch wurden Versuche gemacht die nicht exakt senkrecht, sondern runde 45° zur Seite, damit das Rohr so richtig ins Seil knallt. Das Ding wollte nicht ausreissen, egal was wir anstellten, das einzige was etwas nachgab war das Nylonseil, an der Stelle wo wir es um einen Balken gewickelt hatten (Scheuerstelle). Es war für uns sehr erstaunlich, dass die 3 Schräubchen mit dem wenig Material zum Rohrende hin nicht ausgebrochen sind. In der Praxis werden wir nicht mit 3 Schrauben, sondern mit 6 Schrauben arbeiten und haben keine Bedenken dass diese Art von Kupplerverbindung einem Öffnungsschock am Schirm nicht sandhalten könnte. Grüße Tom ( & Christian)
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Tom
Grand Master of Rocketry
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Achja, nochwas:
Wir haben mit 100 % Sicherheit experimentiert, denn das Modell soll lediglich 2,5 kg wiegen.
Gruß Tom
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Peter
alias James "Pond"
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Dazu fällt mir spontan ein: a) Ich würde die Zone um das Borloch verstärken, indem ich z.B. innen dünnes Alublech mit 2K einklebe. b) ich würde es bei einem so großen Rohr nicht auf 5mm oben ankommen lassen, eher 1-2 cm. c) Eine Freifallhöhe von 2,50m erzeugt weniger Belastung, als im realen Flug auftreten kann. Beispielsweise im Schrägflug, oder wenn die Fallschirmauslösung etwas später kommt. Darum würde ich in der Rakete eher noch längere Leinen verwenden, die entweder selbst recht elastisch sind oder was dämpfendes eingebaut bekommen. Mein Tip: Pertinax darf man nicht unterschätzen, es könnte gehalten haben. Aber vor jedem echten Start geht mit dieser Konstruktion nicht nur die Raketendüse
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